Ein ganzes Land ein Reinraum

Ein ganzes Land ein Reinraum

Ein ganzes Land ein Reinraum

Wie oft bin ich in den letzten Jahrzehnten im privaten und öffentlichen Bereich gefragt worden, was ich beruflich mache? Mein Antwort: „ich beschäftige mich mit Reinraumtechnologie“. „Mit was?“ war die häufigste Reaktion. Das lag und liegt daran, dass der Begriff Reinraum meist in fachlichen Kreisen Verwendung findet und weder als Berufsbild, noch als Geschäftstätigkeit in der Öffentlichkeit bekannt zu sein scheint. Obgleich es in den letzten Jahren in den Medien immer mehr Berichte gab, in denen mit Hauben und Masken und Overalls abgebildetes Produktionspersonal erschienen ist.

Doch spätestens mit der aktuellen Entwicklung und dem Thema Coronavirus hat sich das Verständnis dafür grundlegend geändert. Man beschäftigt sich plötzlich mit Mundschutz, Schutzvisieren und Handschuhen. Meidet Kontakte und Berührungen und sprüht nur so mit Desinfektionsmittel um sich.

Hinzu kommen ungewohnte Regelungen beim Niesen und Husten bis hin zu Quarantänen und Grenzschließungen.

Das hat was von Reinraum. Bei genauer Betrachtung kann man diese Themen gut in Vergleich mit Reinraumtechnik bringen. Reinräume sind in sich relativ isolierte Bereiche in der reinen Produktion, in der hochsensible Produkte wie Mikrochips und sterile Medikamente unter kontrollierten Konditionen hergestellt werden.

Das erreicht man zunächst durch ein geschlossenes System, welches durch Schleusen gezielt Material und Personal ein und ausbringt. Das Arbeiten in Reinräumen erfordert vom Personal die strikte Einhaltung wichtiger Verhaltensregeln, um die Verbreitung von Kontaminationen (Partikel und Mikroorganismen) an kritischen Stellen zu verhindern. Da die permanent einströmende (gefilterte) Luft ständig in Bewegung ist, wird sich ein falsches Verhalten auch an Stellen auswirken können, wo die Verunreinigung gar nicht direkt entstanden ist. Das macht es um so schwieriger, die Bereiche zu kontrollieren. Somit werden zur Verringerung dieser Risiken Schutzausrüstungen eingesetzt, die in erster Linie zum Schutz der Umgebung eingesetzt werden. Das ist für einen außenstehenden Betrachter erst einmal ungewöhnlich, da man eher gewohnt ist, Kleidung und andere Accessoires einzusetzen, um sich vor Einflüssen aus der Umgebung zu schützen.

Die derzeit geltenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus sind ein kleines Lehrbeispiel dafür, wie Reinraumtechnik funktioniert und welche Auswirkungen es hat, wenn sich einzelne in diesem System nicht an die geforderte Umsetzung halten. In der Reinraumproduktion kommt auch das in Einzelfällen vor. Die Folge daraus ist, dass Anwender ihre Mitarbeiter dann immer weiter einpacken bis hin zum unangenehmeren Vollschutz. Das können Betriebe vermeiden, wenn das nötige Verhalten konsequent von deren Mitarbeiter eingehalten wird. Seit über 30 Jahren ist es meine Aufgabe, Menschen in Reinräumen dafür zu trainieren. Das Verständnis der Teilnehmer ist nicht immer vorhanden, weil es auch in Betrieben teilweise als Schikane der Vorgesetzten empfunden wird. Um jedoch ein hervorragendes und gewünschtes Ergebnis zu erreichen, ist die Einsicht jedes einzelnen enorm wichtig.
Es erfordert Disziplin und Wille.

Und damit schließt sich der Kreis wieder zur Coronakrise, die wir mit unserer Einsicht und konsequenten Einhaltung der Verhaltensanforderungen erfolgreicher im Hinblick auf Dauer und Auswirkungen gestalten und meistern können.

Ich bin mir sicher, dass nach dieser Zeit die Reaktion auf „ich beschäftige mich mit Reinraumtechnologie“ eher lautet: „Das ist ja spannend“.

Autor: Frank Duvernell, April 2020
Cleanroom Future

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