Mehr Farbe in den Reinraum!
Modernes Design hält mit Farbe, Licht und Kunst Einzug in die Reinräume
Quelle: Cleanroom Magazine Ausgabe 17/Juni 2018
Das Wissen um die Wirkung von Farben wird künftig auch in Unternehmen der Reinraum-Branche eine signifikante Rolle spielen. Denn: Eine moderne Reinraum-Gestaltung kann ein wesentlicher Baustein sein, um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzusteuern. Statt auf Grau und Weiß setzen jetzt auch erste Reinraum-Bauer und -planer auf moderne Designkonzepte.
Goethes Farbenlehre hat es Frank Duvernell angetan – vor allem der psychologische Charakter, den Deutschlands berühmtester Dichter den verschiedenen Farben zumaß. Die vier Wände des modernen Konferenzraumes ließ der Geschäftsführer von Cleanroom Future deshalb in je einer anderen Farbe streichen: in Rot, Gelb, Blau und Grün. Rot aktiviert, Gelb erfrischt, Blau wirkt ausgleichend und Grün steht für Beharrlichkeit.
„So groß wie das Spektrum von Farben ist auch die Bandbreite ihrer positiven Wirkungen auf den Menschen“, erklärt der Reinraum-Unternehmer, der diesen Umstand für seine Branche nutzbar machen will. „Hier geht es um Arbeitsplätze der Zukunft. Reinräume sind bisher sehr einheitlich gestaltet und meist in sterilem Weiß gehalten. Da wollen wir Farbe reinbringen, Kunst installieren und sogar Pflanzen integrieren, natürlich ohne, dass es die Fertigungstechnologien stört.“
Neben Sicherheit, Klima, gesundheitsfördernden Möbeln etc. gehört für Duvernell modernes Reinraum-Design, das Licht, Form, Farbe und technologische Innovationen integriert, zu einem ganzheitlichen ergonomischen Konzept.
Farben: Ansporn für mehr Kreativität
Farben beeinflussen Stimmungen und Verhalten stark, darüber ist sich die Wissenschaft seit langem einig. Auch am Arbeitsplatz wirken sie auf unsere Sinne und Empfindungen und erreichen sogar unser Unterbewusstsein. Bisher werden sie jedoch nur spärlich bei der Gestaltung des Arbeitsumfeldes verwendet. Dabei bringt eine sinnvolle Verwendung von Farben erkennbaren Nutzen. Denn: Sie kann die Mitarbeitermotivation steigern, ungünstige Arbeitsbedingungen positiv beeinflussen, die Orientierung fördern, Ordnung schaffen, die Erholung begünstigen und durch den Aufenthalt in “warmfarbiger“ Umgebung sogar ein höheres körperliches Wärmeempfinden auslösen und damit Energiekosten senken. Sie reduziert Fehlerquoten, Krankenstand und Fluktuation.
Creative Prize wird für besonders kreativ entwickelte Reinräume verliehen
Noch herrschen in der Welt der Reinräume Weiß- und Grautöne vor, nur gelegentlich aufgelockert durch farbige Glas- oder Metallteile. Seit einiger Zeit beginnt aber auch die Reinraum-Branche – geplagt von Arbeitskräftemangel und hohen Fluktuationsraten – aufzuwachen. Seit 2015 vergibt Frank Duvernell als Ansporn den Creative Prize im Rahmen der Internationalen Fachmesse Cleanzone. Er wird für besonders kreativ entwickelte Reinräume verliehen. Erster Preisträger war 2015 der österreichische Hörimplantate-Hersteller MED-EL, der in Innsbruck einen Reinraum geschaffen hat, dessen riesige Fenster- fronten von jedem Arbeitsplatz aus einen Blick auf die Alpen erlauben.
Modernes Design muss gleich ins Lastenheft
„Design und Gestaltung gehören ins Lastenheft“, so Florian Dittel von Dittel Engineering, einem Ingenieurbüro mit u.a. dem Schwerpunkt Planung, in seinem Vortrag zum Thema Modernes Design während der Expertentage in Leipzig. Schon bei der Planung neuer Reinräume müsse der Reinraum-Planer das Zusammenspiel von Licht und Farben in Betracht ziehen. Eine gute Planung bei Licht, Form und Farbe erhöhe die Mitarbeiterakzeptanz für den Reinraum und motiviere die Mitarbeiter. Um Mitarbeitern das Arbeiten im Reinraum so angenehm wie möglich zu machen, plant Dittel deshalb große Glasflächen mit Blick auf parkähnliche Landschaften von Anfang an mit ein. Auch Kunst im Reinraum ist durchaus möglich und wird von ihm als Gestaltungsmittel angeboten.
Thomas Töpfer, Geschäftsführer des Edelstahl-Spezialisten KEK-GmbH, dessen Angebot auch Laboreinrichtungen für Reinräume umfasst, weiß: „Das Ergebnis der Gestaltung des Reinraumes sollte eine höhere Motivation der Mitarbeiter bei verbesserten Arbeitsbedingungen und höheren Leistungen sein. Die Verwendung von Farben lockert die Atmosphäre auf und wirkt motivierend.“
Wenn die Teeküche schöner ist als der Reinraum
Für Duvernell ist bei der Planung von Reinräumen die zeitige Kommunikation zwischen Architekten und allen Beteiligten der entscheidende Faktor. Solange der Ingenieur nur auf Funktionalität und Effizienz der Reinräume achtet, bleibe dieser Arbeitsplatz in den meisten Fällen für die Beschäftigten nur eine rein technische Arbeitsumgebung mit geringen optischen und motivierenden Reizen. In Aufenthaltsräumen und Betriebs-Teeküchen werden zum Teil schon schönste Konzepte verwirklicht. Der Reinraum als Hauptaufenthalts- und Leistungsort der Mitarbeiter dagegen bleibt oft von ästhetischen Veränderungen unberührt. „Wir müssen beide Berufsgruppen schon in der ersten Planungsphase zusammenbringen, um den Widerspruch zwischen Funktionalität und künstlerischer Gestaltung aufzulösen.“
Bio-Licht im Reinraum ermöglicht gesunden Tagesrhythmus auch bei Schichtbetrieb
Human Centric Lighting (HCL) steht für die Anpassung der Beleuchtung an den Tagesrhythmus des Menschen mit der Intention Wohlbefinden, Konzentration und Leistungsfähigkeit zu steigern. Arbeit in geschlossenen Räumen ohne Tageslicht beeinträchtigt den biologischen Schlaf-Wach-Rhythmus der Mitarbeiter enorm. Studien belegen, dass die Produktivität in der Industrie mit HCL um bis zu 10 Prozent gesteigert werden kann. Durch die erhöhte Konzentrationsfähigkeit werden Arbeitsergebnisse besser, das Vorkommen von Arbeitsunfällen kann verringert werden. „Die Vorteile für den Reinraum liegen auf der Hand. Gleichzeitig sind trotz anfänglichem Investment erhebliche Kosteneinsparungen durch den Einsatz von HCL möglich, der ROI kann schon nach zwei Jahren erreicht werden“, berichtete Katarzyna Kopeć, Senior Key Account Managerin des spanischen LED-Hersteller Luxiona, im Rahmen eines Vortrags im Herbst 2017 in Leipzig.